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Hamburger Ärztemagazin

„Masern sind eben keine harmlose Kinderkrankheit“

Masern sollten in Deutschland bis zum Jahr 2015 ausgerottet sein. Davon ist man noch weit entfernt. Der Grund: Viele Menschen lassen sich und ihre Kinder nicht mehr impfen. Ein fataler Fehler.

Foto: Andriano_cz/stock.adobe.com
Foto: Andriano_cz/stock.adobe.com
Durch Masern mussten wir doch alle mal durch. Rote Punkte und ein paar Tage das Bett hüten – das haben wir alle überstanden. So oder ähnlich sprechen viele Menschen über Masern und lassen sich und ihre Kinder nicht mehr gegen die Infektionskrankheit impfen. Zu gravierend seien die befürchteten Nebenwirkungen, zu harmlos die eigentliche Krankheit.

Masern sind hochgradig ansteckend

„Ein fataler Fehler“, erklärt Prof. Marylyn M. Addo, Leiterin der Sektion Infektiologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). „Masern sind eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten, die wir kennen, und eben keine harmlose Kinderkrankheit. Sie trifft auch Jugendliche und Erwachsene.“ Insbesondere die Folgeerkrankungen werden unterschätzt. Denn Masern schwächen das Immunsystem für mindestens sechs Wochen und machen es anfällig für bakterielle Infektionen wie Mittelohrentzündungen oder schwere Lungenentzündungen. Gefürchtet ist auch die akute post-infektiöse Enzephalitis.

„Masernerkrankte sind schon fünf Tage, bevor der typische Hautausschlag auftritt, ansteckend.“

Diese betrifft zwar nur 0,1 Prozent der Masernfälle, endet allerdings in 10-20 Prozent der Erkrankungen tödlich. Bei 20-30 Prozent bleiben Schäden am Gehirn zurück. Die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine sehr seltene Spätfolge, die nach sechs bis acht Jahren auftreten kann. Sie verläuft immer tödlich.

Zahl der Masernfälle schwankt stark – fehlender Impfschutz

„Wir sind derzeit leider weit davon entfernt, Masern, eine Infektionskrankheit, gegen die man erfolg reich impfen kann und für die der Mensch die einzige Quelle ist, auszurotten“, sagt Prof. Addo. Die Impfung biete einen exzellenten Schutz gegen die Erkrankung. Dazu müsste die Impfrate in der Bevölkerung allerdings bei 95 Prozent liegen. Aktuell liegt sie bei 92 Prozent. Die hohe Impfrate ist wichtig, da Säuglinge und immungeschwächte Personen nicht geimpft werden können. Sie profitieren von der Herdenimmunität: Wenn fast alle Menschen geimpft sind, kann ein Erkrankter niemanden anstecken und die wenigen Personen ohne Impfschutz kommen nicht in Berührung mit den Viren. „Dass Menschen in Deutschland an einer impfpräventablen Erkrankung wie Masern versterben, können wir nicht hinnehmen“, so die Infektologin. Medikamente helfen bei Masern nicht. Patienten müssen isoliert werden, um eine Ausbreitung der Tröpfcheninfektion zu verhindern. Übrigens: Masernerkrankte sind schon fünf Tage, bevor der typische Hautausschlag auftritt, ansteckend.

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO)

Kinder sollten laut der Empfehlungen der STIKO im Alter zwischen 11-23 Monaten zweimal geimpft werden. Es empfiehlt sich zudem eine einmalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff für alle nach 1970 geborenen Personen, die älter als 18 Jahre sind und die nicht wissen, wie ihr Impfstatus ist, die ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit geschützt sind. Marina Leunig
  
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