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Themenwelten Bergedorf

27.09.2017 / Stormarn

Von Schiefertafeln, Schusterkugeln und Schwungkreiseln

Das Stormarnsche Dorfmuseum in Hoisdorf ist ein Kleinod bäuerlicher, handwerklicher und schulischer Kultur

Wolfgang Knaack (74) im Klassenzimmer der alten Dorfschule Foto: P. Sonntag
Wolfgang Knaack (74) im Klassenzimmer der alten Dorfschule Foto: P. Sonntag
Zweimal in der Woche, dienstags und sonnabends, herrscht Andrang vor der Bauernkate am Thie, die einst im Jahr 1756 als Dorfschmiede errichtet wurde. Dienstagvormittags strömen vor allem Schüler in die Kate, um im originalgetreuen Klassenzimmer der alten Dorfschule Unterricht nach den Regeln von 1911 zu erleben. Wenn Wolfgang Knaack ihnen dort im Frack das Alphabet in Sütterlin beibringt und dabei auf regelkonformes Melden und Sprechen achtet, saust schon mal mit lautem Knall der Rohrstock auf die alten Schulbänke nieder. Ein Schlüsselerlebnis für viele Schüler:

Foto: B. Schücking
Foto: B. Schücking
Vielen wird klar, wie gut sie es heute eigentlich in der Schule haben“, sagt Knaack, pensionierter Lehrer und seit zwölf Jahren stellvertretender Leiter des Museums. Seine jungen „Eleven“ kommen nicht nur aus Stormarn, sondern über das Schullandheim Holstentor und das Jugendheim Lichtensee aus ganz Norddeutschland. Das Museum ist auch dank zahlreicher Berichte, unter anderem im NDR, über die Region hinaus bekannt geworden. In dem Klassenzimmer werden sogar Brautpaare getraut – rund 20 sind es pro Jahr.

Alte Gerätschaften zeugen vom harten Alltag

Land- und forstwirtschaftliche Geräte vor der Museumskate Foto: B. Schücking
Land- und forstwirtschaftliche Geräte vor der Museumskate Foto: B. Schücking
Seit 1978 gibt die von den Stiftungen der Sparkasse Holstein, der Stiftung Erwin Baer und der Gemeinde Hoisdorf geförderte Sammlung mit ihren circa 11.000 Exponaten einen tiefen Einblick in das vorindustrielle Leben im Kreis. Ob Landwirtschaft, Hauswirtschaft oder Handwerk – in Hoisdorf ist zu sehen und zu erleben, was aus unserem Alltag längst verschwunden ist. Etliche Gerätschaften zeugen vom harten Alltag vergangener Zeiten – zum Beispiel die hölzernen, handbetriebenen Vorläufer heutiger Waschmaschinen, der Herd mit offener Feuerstelle oder die Werkzeuge, die zur Arbeit auf Feld und Hof verwendet wurden. Kinder freuen sich vor allem über die historische Spielzeugabteilung und den alten Dorfkrämerladen von Mery Denker, auf dessen Tresen noch immer gut gefüllte Bonbongläser auf Naschkatzen warten. Für die zahlreichen Stationen im oberen Stockwerk lohnt es sich, viel Zeit mitzubringen. Dort lernt man etwa den Sinn der Schusterkugel kennen, kann der Nagelbiegemaschine bei der Arbeit zusehen oder die Eier von mehr als 100 heimischen Vogelarten bestaunen. Und verborgen hinter einer Klapptür zeigt ein Schaukasten Exponate der besonderen Art: ein lebendiges Bienenvolk, das für die museumseigene Imkerei fleißig Honig produziert. „Den Honig verkaufen wir unter anderem an unseren Backtagen, die wir regelmäßig in der Remise mit unserem alten Steinbackofen veranstalten“, sagt Knaack. In der Remise lassen sich auch größere forst- und landwirtschaftliche Fahrzeuge und Maschinen, etwa ein Milchwagen oder eine Schottsche Karre, besichtigen.

Küche: Stromfreies Kochen: Englischer Herd in der Grootdeel Foto: P. Sonntag
Küche: Stromfreies Kochen: Englischer Herd in der Grootdeel Foto: P. Sonntag
Zu den Besuchermagneten zählt neben der vorgeschichtlichen Lehrschau die Hermann-Claudius- Stube im Erdgeschoss, die an den Urenkel von Matthias Claudius erinnert. Die Stube ist mit dem Mobiliar des Wohn- und Arbeitszimmers aus dem Haus des Dichters in Grönwohld eingerichtet und beherbergt eine umfangreiche Dokumentation seines dichterischen Schaffens. Die Vor- und frühgeschichtliche Schau im Obergeschoss zeigt an Beispielen, die von der Altsteinzeit bis zur Bronzezeit reichen, die Entwicklung der Werkzeugtechnik. „Wir haben eine beachtliche Sammlung von Steinzeitfunden im Ahrensburger Tunneltal aus der Zeit Alfred Rusts“, sagt Knaack, der zusammen mit den anderen ehrenamtlichen Helfern jährlich rund 5000 Besucher in Hoisdorf begrüßen darf – „vom Kita- Kind bis zur Seniorengruppe“. Besonders beliebt bei Jung und Alt sind die Märchenlesungen, die vor allem in den Wintermonaten an ausgewählten Sonnabendnachmittagen stattfinden. ps

Die nächsten Veranstaltungen

7. Oktober
Backtag: Ab 14.30 Uhr können hand - gemachte Speisen wie Rosinenbrote, Grau- und Schwarzbrote aus dem Steinbackofen sowie selbst erzeugter Honig erworben werden.

21. Oktober, 18. November und 2. Dezember

Märchenlesungen: Ab 14.30 Uhr gibt es Ge schichten aus dem Fundus des Hamburger Märchen - forums. Eine Erzählerin liest klassische Volksmärchen im Klassen zimmer vor. Eintritt frei.

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