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Simulative Tests spielen bei der Zulassung von automatisierten Fahrzeugen eine entscheidende Rolle. Die Herausforderung: die komplexe Realität möglichst präzise, zuverlässig und effizient digital abzubilden

Aus der virtuellen Welt auf die Straße

Hände ans Steuer? Schon bald werden Autos weitgehend autonom fahren Foto: DLR

Bevor hochautomatisierte und vernetzte Fahrzeuge auf deutschen und europäischen Straßen unterwegs sein dürfen, muss ihre Sicherheit umfassend nachgewiesen sein. Für konventionelle Fahrzeuge bestehen etablierte und behördlich anerkannte Zulassungsmethoden, dazu kommen regelmäßige Prüfungen. Bei den Regeln für die Zulassung von automatisierten Fahrfunktionen, bei denen der Fahrer für längere Zeit oder bestimmte Streckenabschnitte die Kontrolle abgibt, steht man hingegen noch ganz am Anfang. Simulationen, sprich digitale Tests, werden bei der Weiterentwicklung eine große Rolle spielen.
 

Im Projekt SET Level (Simulationsbasiertes Entwickeln und Testen von automatisiertem Fahren) arbeitet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit 19 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft daran, die entsprechenden digitalen Werkzeuge (Tools) zu entwickeln und miteinander zu einer „Tool-Kette“ zu verbinden. Das Ziel: möglichst viele Verkehrssituationen möglichst zuverlässig und detailliert abbilden zu können. So kann ein nennenswerter Anteil von Fahrtests in die Simulation verlagert werden. Das spart Zeit und Kosten und macht den Zulassungsprozess effizienter und nachvollziehbarer.

Bevor automatisierte und vernetzte Fahrzeuge auf der Straße unterwegs sein dürfen, muss ihre Sicherheit nachgewiesen sein Foto: DLR
Bevor automatisierte und vernetzte Fahrzeuge auf der Straße unterwegs sein dürfen, muss ihre Sicherheit nachgewiesen sein Foto: DLR

Um herauszufinden, ob ein automatisiertes und vernetztes Fahrzeug der Realität im Straßenverkehr gewachsen ist, muss es mehrere Tausend Situationen erfolgreich meistern. Alle in praktischen Tests auf der Straße zu erproben, sprengt den Rahmen jedes Zulassungsprozesses. „Nur mit leistungsfähigen simulationsbasierten Werkzeugen und Methoden, die entwicklungsbegleitend und bei der Zulassung zum Einsatz kommen, lassen sich automatisierte Fahrzeuge sicher auf die Straße und in die Anwendung bringen“, erklärt Prof. Frank Köster vom DLR. „Simulationen sind dabei eine wichtige Ergänzung bestehender Instrumente wie Prüfstände und Testgelände.“

Das DLR bringt vor allem seine langjährige Erfahrung beim digitalen und realen Betrieb von Testfeldern und Testinfrastruktur in das Projekt ein sowie Know-how im Bereich des digitalen Zwillings. Dahinter verbirgt sich eine entwicklungstechnische Methode, Objekte oder Prozesse aus der realen in die digitale Welt zu transferieren.

Die Herausforderungen für das SET Level-Team sind vielfältig: Es gilt neben dem zu testenden Auto inklusive seiner Software, Sensorik und Regelungstechnik auch ein digitales Abbild des Verkehrsraums in seiner ganzen Komplexität zu erstellen. Dazu gehören Straßen, Infrastruktur, Fahrzeuge aller Art sowie weitere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer, unterschiedliche Wetterbedingungen und Störfaktoren. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Auswahl der Szenarien: „Auch in der Simulation können wir nicht alle theoretisch denkbaren Szenarien abdecken. Sonst würden wir ewig rechnen. Stattdessen müssen wir zuverlässig diejenigen Szenarien auswählen, die repräsentativ für die Beurteilung der Sicherheit des Fahrzeugs sind. Wie man zu diesen Szenarien kommt und sie in der Simulation umfassend abprüft, diese Fragen sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Projekts“, sagt Dr. Hardi Hungar, der die DLR-Aktivitäten im Projekt wissenschaftlich leitet.

Am Ende kann man sich einen simulativen Test so vorstellen: „Das virtuelle Testfahrzeug fährt durch die Nachbildung eines Verkehrsraums. Parallel werden Situationsbewertung und Prüfausgaben des Fahrzeugs angezeigt. Man kann also verfolgen, wie das Testfahrzeug mit unterschiedlichen Herausforderungen umgeht.“

Einen ersten Meilenstein hat das Projekt-Team unterdessen schon erreicht: Es hat die einzelnen Bestandteile der Simulation entwickelt und gezeigt, dass diese Tools auch zusammen funktionieren. Ebenso reibungslos wie später dann auch bei der realen Fahrt im autonom lenkenden Auto.
 

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