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08.11.2017 / Immobilien Metropolregion Hamburg

Aus Olympic City wird ein neuer Stadtteil für Hamburg

Ursprünglich sollte auf dem Kleinen Grasbrook nur gebaut werden, wenn Olympia nach Hamburg kommt. Nun entsteht dort auch ohne die Spiele ein ganzes Viertel mit Wohnungen und Büros

Foto: KCAP | Arup | Vogt | Kunst+Herbert | gmp | Drees&Sommer WES | ARGUS | bloomimages | on3studio | Luftbilder Matthias Friedel
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Ein neuer Stadtteil am Wasser – das war eines der großen Versprechen der Hamburger Olympia- Bewerbung. Doch nach dem mehrheitlichen Nein der Hanseaten zu den Spielen 2024 hatte der Senat eine Bebauung des Kleinen Grasbrooks stets ausgeschlossen. Hintergrund: Ohne die Olympiaförderung aus Berlin würde das ganze Unterfangen viel zu teuer. Nun kommt er doch, der neue Stadtteil. Nicht so groß, wie im Rahmen der Olympia-Bewerbung vorgesehen, aber er kommt.

Ursprünglich war geplant, nach den Spielen aus den Sportstätten und dem olympischen Dorf auf dem Kleinen Grasbrook den Stadtteil OlympicCity zu entwickeln. Mehr als 8.000 Wohnungen und Betriebe der Hafenwirtschaft sollten auf beiden Teilen der Insel Platz finden. Nach den modifizierten Plänen wird nun lediglich der kleinere Teil des Kleinen Grasbrooks genutzt.

3.000 Wohnungen

Dieser nordöstliche Teil der Insel, auf dem sich heute die Reste des ehemaligen Überseezentrums befinden, wird aus dem Hafengebiet herausgelöst. Geplant sind dort neben 3.000 Wohnungen, die Platz für junge Familien und Menschen jeglichen Alters und Herkunft bieten sollen, auch Büros, Einkaufsmöglichkeiten, eine Grundschule sowie eine Kindertagestätte. Dadurch sollen etwa 16.000 Arbeitsplätze entstehen. An der Spitze des Areals, von der aus man Richtung HafenCity und Elbphilharmonie blickt, ist zudem ein Park mit Sport- und Spielplatz geplant.

Nach dem Willen der Planer wird der neue Stadtteil hohe Umweltstandards erfüllen. So ist ein effizientes CO2-armes Nahwärmeversorgungsnetz geplant, solare Energieerzeugung auf oder an den Gebäuden soll Vorrang haben. 40 Prozent der Stellplätze an Wohngebäuden sollen mit E-Ladesäulen ausgestattet, 30 Prozent der wohnungsbezogenen Stellplätze von Carsharing genutzt werden. Wie bei allen größeren Wohnungsbauvorhaben in Hamburg üblich, soll ein Drittel der Wohnungen öffentlich gefördert werden.
Die Stadt spricht vom gemeinsamen Transformationsraum Billebogen, HafenCity und Grasbrook, Foto: HafenCity Hamburg GmbH
Die Stadt spricht vom gemeinsamen Transformationsraum Billebogen, HafenCity und Grasbrook, Foto: HafenCity Hamburg GmbH

Drei Quartiere, ein Stadtteil

Der neue Stadtteil Grasbrook wird sich nach den Planungen aus den Quartieren „Moldauhafen“, „Freihafenelbequartier“ und „Hafentorquartier“ bilden. Der Schwerpunkt soll in der ersten Phase auf dem Quartier „Moldauhafen“ liegen. Derzeit ist die für dieses Quartier ins Auge gefasste Fläche zwischen Moldauund Saalehafen noch an die Tschechische Republik vermietet. Doch die Politik hat bereits die ersten Weichen für einen Flächentausch gestellt: Innerhalb der nächsten fünf Jahre wird die Tschechische Republik in eine neue Fläche im Bereich Kuhwerder Hafen investieren.

Hafenwirtschaft neben Wohnvierteln

Die an die Wohnquartiere angrenzenden Flächen auf dem Kleinen Grasbrook verbleiben im Hafengebiet, können aber für Forschung, Entwicklung, Büros und Produktion genutzt werden. Auf der Insel wird also auch künftig hafenwirtschaftliche Nutzung stattfinden. Die ansässigen Unternehmen sollen eine Standortperspektive bekommen und bei etwaigen Verlagerungen wirtschaftlich abgesichert werden. Ziel der Planer ist es, den Kleinen Grasbrook so zu gestalten und zu bebauen, dass eine Art Schutzriegel zwischen Wohnbebauung und Hafennutzung geschoben wird. Das ist insofern von besonderer Bedeutung, da Arbeitslärm, Gefahrengüter und andere mit der Hafenwirtschaft einhergehende Belastungen von den in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Menschen ferngehalten werden müssen.

Die Gesamtfläche des neuen Stadtteils wird 46 Hektar umfassen – immerhin ein Drittel der HafenCity. Der Kleine Grasbrook soll ein gemischter Stadtteil werden, in dem sich Neues mit Altem verbindet – und Leben mit Arbeit. Und noch ein Ziel verfolgen die Planer: Mit dem gegenüber der östlichen HafenCity gelegenen neuen Stadtteil wollen sie eine Brücke nach Süden auf die Elbinseln schlagen und auf diese Weise die Veddel stärker an die Stadt anbinden.

Freimachung der Flächen ab 2019, Fertigstellung 2037

Aus Olympic City wird ein neuer Stadtteil für Hamburg Image 3
Verantwortlich für die Entwicklung des neuen Stadtteils ist die HafenCity Hamburg GmbH. Die städtische Gesellschaft ist bereits für den Aufbau der HafenCity zuständig und soll nun auch für den Grasbrook die Konzeption, Vermarktung und Verwaltung übernehmen. Alle planerischen Kompetenzen der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen und der Behörde für Umwelt und Energie bleiben bestehen. Nach einer intensiven Bestandsaufnahme und der Abstimmung der strategischen Themen wird auf Basis eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs ein Städtebauentwurf entwickelt, auf den dann die förmlichen Planungsverfahren folgen. Mit der Freimachung der Flächen und der Entwicklung der Infrastruktur, so hoffen die Planer, könne zum Teil möglicherweise bereits 2019 begonnen werden. Von da an soll es noch 18 Jahre dauern, bis der neue Stadtteil – im Jahr 2037 – endgültig fertig gestellt ist. mh

Kleiner Grasbrook früher

Die Insel – ja, der Kleine Grasbrook ist tatsächlich eine Insel im Gewirr der verschiedenen Hafenbecken – wurde jahrhundertelang als Viehweide genutzt. Brook bedeutet feuchtes, niedriges Land. So ist der Name Grasbrook entstanden. Genutzt wurde der Grasbrook aber auch als Hinrichtungsstätte. Und so sagt die Legende, dass dort im Jahr 1401 Klaus Störtebeker geköpft wurde. Mit dem Bau des Neuen Grabens wurde der Stadtteil im 16. Jahrhundert geteilt. Eines davon wurde der „Kleine Grasbrook“. Ende des 19. Jahrhunderts erschloss man das Areal als Hafen- und Industriegebiet. Ab 1838 entstanden dort Kanäle und Kaianlagen. Mit dem Zollanschlussvertrag von 1881 wurde Hamburg Teil des deutschen Reichszollgebiets. Nur der Freihafenbezirk war davon ausgeschlossen. Dort galt weiterhin das Privileg der Zoll- und Steuerfreiheit, durch das zahlreiche Industriezweige wie Schiffs- und Maschinenbau, Mineralölraffination und Gaswerke reichlich profitierten. Am 1. Januar 2013 wurde dieses Privileg nach langen Diskussionen aufgehoben.

Erst 1871 wurde der Kleine Grasbrook ein Vorort Hamburgs, bis er schließlich 1894 eingemeindet wurde. Viele Wohnhäuser mussten damals der Erweiterung der Hafenanlagen weichen. Eine fast vollständige Zerstörung erfuhr der Kleine Grasbrook während des Zweiten Weltkrieges. Im Zuge des Wiederaufbaus wurden viele kleinere Hafenbecken zugeschüttet, darunter auch der Segelschiffhafen, auf dem sich seit 1978 das Frucht- und Kühlzentrums am O’Swaldkai befindet.

Kleiner Grasbrook heute

Wenn man „Kleiner Grasbrook“ hört, dann denkt man unweigerlich an ländliche Idylle. Weit gefehlt: der Kleine Grasbrook ist vor allem eines – Hafen und er glänzt mit Ansichten von Kränen, Containern und Frachtern. Noch ist das Areal im Vergleich zu anderen in Hamburg recht dünn besiedelt: 280 Einwohner pro Quadratkilometer. In Blankenese verteilen sich auf der gleichen Fläche derzeit 1.615 Einwohner. Der neue Stadtteil soll „Grasbrook“ heißen. Die Fläche zwischen Moldau- und Saalehafen wird zum Moldauhafen-Quartier, in dem Wohnraum entstehen soll. Am östlichen Ende in Richtung Freihafenbrücke ist das Freihafen- Quartier geplant. Das Hafentor-Quartier am Ufer zum Moldauhafen wird dann als Riegel aus Gewerbeflächen einen Schutz vor Lärm und Emission für den geplanten Wohnraum darstellen. Denn auch der Kleine Grasbrook steht weiterhin der Hafenwirtschaft und dem Hafen zur Verfügung.

Im Süden des derzeitigen Stadtteils an der Harburger Chaussee stehen heute noch Backsteinhäuser, die in den 1920er Jahren entstanden. Die Straße ist vielbefahren, aber der Blick auf den Spreehafen und von dort über das Hafenbecken ist grandios. Mittlerweile fällt er nämlich von dort auch – endlich – auf die Elbphilharmonie. Den Spreehafen zeichnet noch ein weiteres Detail aus – fast wie in Amsterdamer Grachten liegen bunte Hausboote nebeneinander.
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