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Alternative zum Antibiotikum könnte Leben retten

Blutvergiftung

Fotos: Kateryna_Kon - stock.adobe.com; Peter Claußen
Fotos: Kateryna_Kon - stock.adobe.com; Peter Claußen
Es beginnt mit einer kleinen Infektion – eine Wunde, ein Harnwegsinfekt oder eine entzündete Zahnwurzel. Doch dann breiten sich die Krankheitserreger wie Bakterien und ihre Giftstoffe über die Blutgefäße aus und überschwemmen den Körper. Das körpereigene Abwehrsystem reagiert darauf besonders heftig – eine Blutvergiftung (Sepsis) entsteht. Und die ist lebensgefährlich.

Denn selbst auf Intensivstationen mit neuestem technischem Standard sterben 30 bis 50 Prozent der Betroffenen. Und die Waffen gegen Bakterien werden immer weniger. Viele Bakterien sind inzwischen gegen immer mehr Antibiotika resistent. Schon heute sterben Menschen an den Folgen von Infektionen, die früher mit Antibiotika hätten geheilt werden können. Denn zum einen vermehren sich Bakterien extrem schnell, so dass sich selbst ein sehr seltenes Resistenzgen binnen kurzer Zeit durchsetzen kann.

„Viele neuere therapeutische Ansätze scheitern, weil ein Breitbandansatz fehlt.“

Zum anderen nehmen die meisten Bakterien DNA aus der Umwelt auf oder tauschen genetisches Material mit anderen Bakterien – so verbreitet sich eine Widerstandskraft auch über Artgrenzen hinweg. „Viele neuere therapeutische Ansätze scheitern, weil ein Breitbandansatz fehlt“, weiß Prof. Klaus Brandenburg vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften. „Und häufig werden neue Antibiotika gar nicht mehr entwickelt“, so der Biophysiker weiter.

Prof. Klaus Brandenburg, Forschungszentrum Borstel, Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften und „Brandenburg Antiinfektiva GmbH“
Prof. Klaus Brandenburg, Forschungszentrum Borstel, Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften und „Brandenburg Antiinfektiva GmbH“
Dr. Dr. med. Karl L. M. Mauss, Sektionsleiter für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Asklepios Klinik Altona
Dr. Dr. med. Karl L. M. Mauss, Sektionsleiter für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Asklepios Klinik Altona


„Antimikrobielle Wirkstoffe haben eine recht kurze Einsatzdauer, da ist es oft ökonomisch wesentlich sinnvoller, ein Medikament gegen eine chronische Krankheit zu entwickeln, das Patienten über Jahre einnehmen müssen.“ Zudem sind neue Antibiotika inzwischen schwer zu finden – aussichtsreiche Wirkstoffe haben sich zum Beispiel als zu giftig erwiesen und Reserveantibiotika haben oft starke Nebenwirkungen. „Wenn wir also die Ursache nicht in den Griff bekommen, müssen wir nach anderen Wegen suchen“, meint Dr. Dr. Karl L. M. Mauss von der Asklepios Klinik Altona. „Die Wirkung ausschalten – unabhängig davon, ob die Bakterien multiresistent sind oder nicht.“ Der Sektionsleiter für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie hat zusammen mit Prof. Klaus Brandenburg entdeckt, dass bestimmte Peptide – kleine Eiweißgrundbausteine – die giftigen Abfallprodukte der Bakterien (Toxine) blockieren können.

„Die Toxine werden dann einfach verstoffwechselt, wie wir sagen – also vom Körper einfach abgebaut“, beschreibt Dr. Dr. Mauss die Funktion. Das Bakterium bleibt dabei unverändert – nur die Wirkung wird entkoppelt. Die Wissenschaftler nutzen die sehr hohe Bindungsaffinität der Toxine zu Peptiden – so „docken“ die giftigen Stoffe einfach nicht mehr an die Zellrezeptoren an, so dass keine Entzündungsreaktion mehr erfolgt. Und das ganz ohne Nebenwirkungen etwa an Nieren oder am Immunsystem wie bei der klassischen Behandlung. Noch in diesem Jahr soll der klinische Studienstart erfolgen. Peter Claußen
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