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50 Jahre Norderstedter Zeitung

Norderstedt reift heran

Die Stadt Norderstedt gewinnt in den 80er-Jahren Konturen, wird attraktiver: Das Rathaus kann eingeweiht werden, und das Herold-Center feiert bereits seinen zehnten Geburtstag

Zehn Jahre Herold-Center werden 1981 zehn Tage lang gefeiert. Der Spielmannszug marschiert vom Herold-Center kommend über den Birkenweg. FOTO: HORMANN
Zehn Jahre Herold-Center werden 1981 zehn Tage lang gefeiert. Der Spielmannszug marschiert vom Herold-Center kommend über den Birkenweg. FOTO: HORMANN
Frank Knittermeier 

NORDERSTEDT: In Norderstedt wird in den 80er-Jahren viel gefeiert. Beispielsweise am 1. April 1981 – Anlass: Das Herold-Center wird zehn Jahre alt. Das größte Einkaufszentrum der Stadt hat sich zum Anziehungspunkt für Menschen aus der gesamten Region entwickelt. Etwa 1000 Männer und Frauen haben hier ihren Arbeitsplatz. Gefeiert wird zehn Tage lang mit einem bunten Programm.

Tausende Besucher kommen auch im August 1984, um das neue Rathaus einzuweihen. Der Norderstedter Männerchor hebt das „Norderstedt-Lied“ aus der Taufe – geschrieben übrigens vom renommierten Norderstedter Schlagertexter Ernst Bader. Rundfunk und Fernsehen sind anwesend.

Das Rathaus mit dem umstrittenen Brunnen „Regentrude“ vor dem Eingang ist ein imposanter Bau, doch tatsächlich gab es hinter den Kulissen erhebliches Gerangel um Finanzen und Zuständigkeit, bevor es gebaut werden konnte. Das provisorische Rathaus am Marktplatz in Harksheide hatte sich als viel zu klein erwiesen. Viele Ämter mussten ausgelagert werden und Räume im gegenüberliegenden Gebäude an der Ecke Alter Kirchenweg/Falkenbergstraße beziehen.

Mit dem neuen Rathaus in Norderstedt-Mitte sollte alles besser werden. Aber es gibt einige Stolpersteine, mit denen die damaligen Kommunalpolitiker nicht gerechnet hatten. Das größte Problem: Das Grundstück, auf mit dem Bau des Rathauses begonnen werden soll, gehört gar nicht der Stadt Norderstedt. Bei der Abwicklung des Kaufvertrages gibt es Schwierigkeiten. Dann die Kostenexplosion: War man zunächst von rund 30 Millionen Mark ausgegangen, steigert sich der finanzielle Bedarf letztlich bis auf 58 Millionen Mark. Für einige Politiker ist das zu viel. Eine kleine Gruppe plädiert dafür, das Rathaus nicht zu bauen, sondern das nur wenige Hundert Meter entfernte Hochhaus am Marktplatz in Harksheide als Sitz der Stadtverwaltung beizubehalten.

Das Rathaus wird fast doppelt so teuer wie geplant

Nun, es kommt natürlich anders. Die Politiker schlucken die bittere Pille, das Rathaus wird gebaut. Von den 58 Millionen Mark Baukosten entfallen übrigens 15 Millionen auf die Kulturträgerräume. Damit wird dann ein unrühmliches Kapitel in der Stadtgeschichte aufgeschlagen: Bis zum Bau der heutigen „TriBühne“ bleibt der Kulturteil des Rathauses viele Jahre eine „Kulturruine“.

Natürlich beschäftigen sich die Politiker auch weiter mit den Verkehrsproblemen in Norderstedt. Gibt es eine U-Bahn bis Norderstedt-Mitte oder eher doch nicht? Mal ja – mal nein. Erst 1984 kommt der Durchbruch: Ja, die U-Bahn wird gebaut, signalisieren Hamburg und Schleswig-Holstein. Auch die Verlängerung der Schleswig-Holstein-Straße bleibt lange ein heiß diskutiertes Thema. Die Verschwenkung der B 432 in Richtung Autobahn über Norderstedt-Mitte wird nicht realisiert, ist aber lange ein Diskussionsthema. Das Gesicht Norderstedts wird langsam professioneller. Die Stadt reift heran, gewinnt Konturen, wird attraktiver.

In Bad Segeberg überlegen sich die Verantwortlichen zu Beginn der 1980er-Jahre, die Karl-May-Spiele einzustellen. Dafür läuft es auf einem anderen Gebiet umso besser: Tausende von Besuchern stürmen die Kalkberg-Arena, wenn dort Weltstars wie Bob Dylan oder David Bowie auftreten. Sie weichen nach Bad Segeberg aus, weil es in Hamburg zu diesem Zeitpunkt noch keine großen Hallen für derartige Konzerte gibt. Beide, Dylan und Bowie, gastieren sogar an zwei Tagen in Bad Segeberg und ziehen jeweils 20.000 Besucher an.

1980

Zu wenige Zuschauer – die Karl-May-Spiele stehen vor dem Aus

30. Januar: Norderstedts Stadtbaurat Jürgen Meßfeldt glaubt, dass es in zehn Jahren eine Verlängerung der U-Bahn von Garstedt nach Norderstedt-Mitte geben wird.
12. Mai: „Unser Leben ’80“ heißt die erste große Messe in Norderstedt. Auf dem Ausstellungsgelände an der Fritz- Schumacher-Straße präsentieren mehr als 500 Firmen aus dem In- und Ausland ihre Produkte in 22 Hallen. Zur Eröffnung kommt Ministerpräsident Stoltenberg, am ersten Tag strömen 7000 Besucher auf das Gelände.
8. August: Die Karl-May-Spiele stecken in ihrer größten Krise seit der Gründung im Jahre 1952. Dauerregen, leere Zuschauerränge, Krach hinter den Kulissen, einfallslose Werbung. Die Spiele rutschen tiefer denn je in die roten Zahlen. Claus Wilcke, Hauptdarsteller in dem Stück „Im Tal des Todes“, wirft Geschäftsführerin Anke Hemann Versagen vor.
20. August: „Kaltenkirchen war eine NS-Hochburg“, schreibt der Alvesloher Historiker Gerhard Hoch in seinem neuen Buch „Zwölf wiedergefundene Jahre – Kaltenkirchen unter dem Hakenkreuz“. Die Dokumentation ist für die Kommunalpolitiker schwer verdaulich: Der Kaltenkirchener Magistrat lehnt einen Antrag auf Druckkostenbeteiligung ab, obwohl Kreis und Land das Buch als förderungswürdig betrachten.
22. August: Die Bau- und Betriebsgenehmigung für den Großflughafen ist rechtmäßig, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht Berlin. Der Flughafen Hamburg-Kaltenkirchen soll allerdings erheblich kleiner ausfallen als geplant.
3. September: Norderstedts Erster Stadtrat Gerwin Andersson muss gehen. Die CDU wollte seine Wiederwahl, SPD und FDP lehnten ab.
15. Oktober: Die Stadtwerke Norderstedt übernehmen die Stromversorgungsnetzwerke der Schleswag. Laut Bürgermeister Horst Embacher ist das der erste Schritt zu einer einheitlichen Versorgung des Stadtgebietes.

1981

Jugendliche besetzen die Meierei in Kaltenkirchen

9. Januar: Der Computer hält Einzug in den beiden Kfz-Zulassungsstellen in Bad Segeberg und Norderstedt.
18. Februar: Der Kreis Segeberg erlebt seine erste Hausbesetzung: In Kaltenkirchen besetzen Jugendliche die Meierei, um gegen den Abriss des Gebäudes zu protestieren. „Wohnraum statt Parkplätze“ lautet ihr Motto.
24. April: Norderstedt bekommt ein eigenes Finanzamt. In vier bis sechs Jahren soll es in Norderstedt-Mitte errichtet werden, teilt Finanzminister Rudolf Titzck mit.
1. Juni: Die niederländische Stadt Zwijndrecht wird neue Partnerstadt von Norderstedt. Nach Maromme und Oadby & Wigston ist Zwijndrecht die dritte „Schwester“ Norderstedts.
17. Juli: An zwei Tagen tritt einer der bekanntesten „Protestsänger“ in der Segeberger Kalkberg-Arena auf: Bob Dylan spielt vor insgesamt 20.000 Menschen und sagte der Norderstedter Zeitung: „Ich bin seit zwei Jahren auf Tournee, aber ich möchte mit der Musik am liebsten aufhören.“
12. Oktober: Durch ein Großfeuer wird der traditionsreiche Gasthof Wenzel an der Ecke Quickborner Straße/Ulzburger Straße zerstört. Ursache ist die Explosion eines defekten Gasofens.
9. Dezember: Dr. Volker Schmidt aus Berlin wird zum neuen Norderstedter Bürgermeister gewählt. Er erhält die Stimmen von SPD und FDP. Am Rande der Wahl kommt es zu einem Eklat: Die CDU verlässt den Saal, weil FDP-Stadtvertreter Günther Schwarz erklärte, dass ihm Geld für ein anderes Abstimmungsverhalten geboten worden sei. Die CDU hatte Stadtbaurat Meßfeldt ins Rennen geschickt.

1982

Volker Schmidt wird neuer Bürgermeister in Norderstedt – und die U-Bahn soll für 65 Millionen Mark verlängert werden

20. Januar: Norderstedt will Bad Segeberg Konkurrenz machen. Im Stadtpark östlich der Falkenbergstraße wird eine Freilichtbühne gebaut. Später sollen dort Rockkonzerte, Volkstanz- und Theaterverstaltungen stattfinden.
8. Februar: An der Oststraße wird Deutschlands modernste Kfz-Zulassungsstelle eröffnet.
1. März: Im Norderstedter Tierpark an der Schleswig-Holstein-Straße kommt es zu einem dramatischen Unfall. Löwe „Zimba“ reißt dem vierjährigen Oliver aus Ellerau den Unterkiefer ab. Das Kind hatte unbemerkt seinen Kopf durch die Stahlgitter des Löwenkäfigs gesteckt. In einer 14-stündigen Operation retten Ärzte im Krankenhaus Ochsenzoll das Leben des Kindes.
14. April: Der Norderstedter Schriftsteller und Schlagertexter Ernst Bader erhält vom ZDF die „Goldene Europa“ für das Lied „Am Tag, als der Regen kam“, mit dem die Sängerin Dalida 1959 einen Riesenerfolg hatte.
16. April: Das Herold-Center ist nicht mehr attraktiv genug. Der Deutsche Herold kündigt an, 15 Millionen Mark zu investieren, um das Einkaufszentrum aufzuhübschen.
17. Mai: Die Fußballer des SV Glashütte sind Meister in der Kreisliga und steigen nach einem Jahr Abwesenheit wieder in die Bezirksliga auf. Im entscheidenden Spiel siegte die Mannschaft gegen den VfB Hamburg mit 8:1.
28. Mai: Wechsel im Norderstedter Rathaus: Am Pfingstmontag endet nach 23 Jahren die Amtszeit von Bürgermeister Horst Embacher. Bürgervorsteher Jürgen Benthack (CDU) nimmt Embacher- Nachfolger Dr. Volker Schmidt den Amtseid ab.
26. Juli: Ella Fitzgerald wird Ehrenhäuptling der Segeberger Karl-May- Spiele. Die berühmte Jazzsängerin erhält einen Federschmuck und darf sich „Rising Sun“ nennen. Sie kommt zu einem Jazzfestival in die Kalkberg-Arena und steht dort zusammen mit Benny Goodman auf der Bühne – das erste Mal seit 1938.
9. August: Die sportliche Sensation ist perfekt: Laszio Buzek, einer der prominentesten Volleyballspieler Europas, kommt nach Norderstedt, um in der ersten Zweitligasaison das Team des 1. SC Norderstedt zu verstärken.
20. August: Das Bundesverkehrsministerium kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass eine Verlängerung der U-Bahn bis Norderstedt-Mitte sinnvoll und wirtschaftlich wäre. Das Projekt ist mit 65 Millionen Mark veranschlagt.
6. Oktober: Die Norderstedter Zeitung veranstaltet ein dreitägiges Fest in einem großen Zelt an der Ulzburger Straße. Dafür komponiert Rolf Zuckowski ein neues Laternelied. Beim Sängerwettstreit belegt eine junge Dame namens Caroline Müller den zweiten Platz – sie wird kurze Zeit später als C.C. Catch berühmt.
13. Oktober: Die Thespisnarren, Norderstedts Stadtkabarett seit 1974, präsentieren ihr fünftes Programm: „Etwas ist faul im Staate D-Mark“, das von den Zuschauern begeistert aufgenommen wird. Autor ist wieder Jörg-Peter Hahn.
24. Dezember: Weihnachtsüberraschung aus Kiel: Die Landesregierung will die Baugenehmigung für den Großflughafen Kaltenkirchen widerrufen. Das kündigt Ministerpräsident Uwe Barschel an. Zu diesem Schritt entschloss sich die Kieler Regierung, weil der Hamburger Senat das Flughafenprojekt nicht ernsthaft weiterverfolgen wolle.

Volleyballer des 1. SC Norderstedt steigen in die Bundesliga auf

11. Februar: In Norderstedt gibt es keine Gesamtschule. Die CDU-Mehrheit in der Stadtvertretung zieht einen an das Kultusministerium gestellten Antrag zurück. Für eine Gesamtschule solle eine bestehende Norderstedter Schule „nicht geopfert“ werden.
28. Februar: Norderstedts Volleyballer steigen in die Bundesliga auf. Der Jubel kennt nach dem 3:1-Sieg gegen Post SV Berlin keine Grenzen. Der Aufstieg des 1. SC Norderstedts steht bereits drei Spieltage vor Saisonabschluss fest.
25. April: Dort, wo eigentlich ein Großflughafen entstehen sollte, wird jetzt ein Naherholungszentrum geschaffen. Tausende von Laubbäumen werden zwischen Kaltenkirchen und Heidmoor gepflanzt – 600 Hektar Mischwald statt Flughafen.
24. Juni: Ein Schmuckstück soll der Marktplatz vor dem Norderstedter Rathaus werden. Die Stadt stellt die Pläne vor: Ahornbäume rundherum, dreiarmige Kandelaber, ein sprudelnder Brunnen und Granitsteine der alten Ochsenzoller Straße – so soll der autofreie Platz schon bald aussehen.
26. August: Es geht wieder aufwärts mit den Segeberger Karl-May-Spielen. 120.000 Besucher sehen „Old Surehand“. Das sind 75.000 mehr als 1982. Deshalb soll es 1984 weitergehen, beschließt der Aufsichtsrat der Kalkberg GmbH.
14. November: Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg macht dem prominenten Mitbürger Hein Timm ein besonderes Geschenk: Zu seinem 75. Geburtstag erhält der Weg an der Alsterquelle den Namen Hein-Timm-Weg.
30. November: Tierparkbesitzer Hubert Knöpke wird vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen: Ihn treffe keine Schuld, dass ein kleiner Junge im Februar 1982 von einem Löwen schwer verletzt wurde.

1984

Hickhack um den U-Bahn-Bau bis Norderstedt-Mitte

6. Januar: Henstedt-Ulzburg bekommt ein Bürgerhaus, aber kurz nach dem Richtfest droht die Dachkonstruktion einzustürzen. Sie muss heruntergerissen werden, weil sich die Zimmerei offenbar beim Einpassen von Dachbalken verrechnet hatte.
29. Februar: Echo-Echo, eine A-cappella-Gruppe aus Norderstedt, belegt mit ihrer ersten Platte „Nur dein Clown“ Platz eins in der ZDF-Hitparade. Mitglied ist auch Hans Werner „Lui“ Meyer, der heute zu den profiliertesten deutschen TV-Darstellern gehört. Die Gruppe tritt auch 2019 noch gelegentlich auf.
2. April: Von nun an erscheint die Norderstedter Zeitung in einem kleineren Format. Rund 20.000 Exemplare werden täglich gedruckt und dem Hamburger Abendblatt beigelegt. Bis dahin war die Norderstedter Zeitung dreimal pro Woche erschienen, in den Anfangsjahren nur einmal in der Woche.
5. Mai: Innenminister Karl-Eduard Claussen reist nach Norderstedt, um der Stadt den genehmigten Flächennutzungsplan zu übergeben.
30. Mai: Mit der Unterzeichnung des Vertrages zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ist es amtlich: Die U-Bahn kann von Garstedt bis Norderstedt- Mitte verlängert werden.
11. September: Holger Wochnowski vom 1. SC Norderstedt wird in Waiblingen Deutscher Meister im Zehnkampf bei den Mehrkampfmeisterschaften des Deutschen Turnerbundes.
1. November: Eröffnung der Moorbek-Passage an der Rathausallee.
8. November: Über dem Amtsgericht in Norderstedt-Mitte weht der Richtkranz. Im Februar 1986 sollen die Mitarbeiter einziehen und mit der Arbeit beginnen.
31. Dezember: In Zusammenarbeit mit einer Hamburger Firma stellt die Stadt Norderstedt an 38 Standorten Altpapier-Iglus auf.
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