Die Brandseeschwalbe ist Seevogel des Jahres
Der Verein Jordsand hat die Brandseeschwalbe zum Seevogel des Jahres 2023 ernannt. Der elegante Fischfänger ist etwa 40 Zentimeter groß und hat circa 90 Zentimeter Flügelspannweite. Charakteristisch sind das weiße Gefieder, die silbergrauen Oberflügel, der schwarze Schnabel mit der gelben Spitze und ein schwarzer Federschopf. Weithin zu hören sind die rauen und charakteristischen „kürick-kürick“-Rufe. Eng zusammengerückt brüten sie am Boden in großen Kolonien. Die Vegetation der Brutreviere in Dünen und auf Salzwiesen darf dabei nicht zu hoch sein. Hauptnahrung der Vögel sind Sandaale und kleine heringsartige Fische.
Der Naturschutzverein hat die Art ausgewählt, da sie in der Brutzeit 2022 von einer noch nie dagewesenen Vogelgrippe-Epidemie betroffen war. In Nordwest-Europa starben zigtausende Vögel an der Vogelgrippe. Das war für den Vogelschutzverein Anlass, die vom Aussterben bedrohte Vogelart erneut zum Seevogel des Jahres 2023 zu ernennen, obwohl ihr dieser Titel bereits 2015 zuerkannt worden war. „Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen – die erneute Benennung einer Art ist ein Novum in der Geschichte des Seevogels des Jahres und verdeutlicht, wie stark die Brandseeschwalbe aktuell gefährdet ist“, so Dr. Veit Hennig, erster Vorsitzender des Vereins Jordsand.
Viele Seevögel sind bedroht
Während die Vogelgrippe bisher besonders im Winterhalbjahr auftrat und dann vor allem Gänse und Enten betraf, verbreitete sich das Virus dieses Jahr hingegen auch während der Brutzeit – mit verheerendem Ausgang für koloniebrütende Seevogelarten. Neben Brandseeschwalben waren vor allem auch Flussseeschwalben, Kormorane, Lachmöwen und Basstölpel betroffen. „Die aktuelle Entwicklung am Beispiel der Brandseeschwalbe zeigt, wie sensibel die ohnehin gefährdeten Seevogelbestände auf unkalkulierbare Ereignisse wie die Vogelgrippe reagieren. Der erhebliche Verlust von natürlichen und ungestörten Lebensräumen in den letzten Jahrzehnten hat bereits viele Seevogelarten an den Rand des Aussterbens gebracht. Sollte das aktuelle Massensterben aufgrund der Vogelgrippe weitergehen, könnten Teilpopulationen bereits stark gefährdeter Arten wie der Brandseeschwalbe in Deutschland für immer verschwinden“, fürchtet Hennig. Daher fordert der Verein Jordsand die Schaffung sowie Ausweisung und Unterschutzstellung von weiteren Brut- und Rastplätzen für Seevögel, damit sich die Bestände der Arten wieder erholen können. Größere und stärker verteilte Populationen können Krankheiten und Seuchen wie die Vogelgrippe besser überstehen.
Die Art brütet fast ausschließlich in Schutzgebieten, die aufgrund ihrer Insellage nur unter erschwerten Bedingungen erreichbar sind und Schutz vor Störungen bieten. Neben Störungen durch Menschen gefährden die industrielle Überfischung und die Folgen des Klimawandels den Vogel. An der Nordseeküste haben die Häufigkeiten und Intensitäten der als „Kükenfluten“ bezeichneten Sturmfluten während der Brutzeit in den letzten Jahren zugenommen, wodurch es regelmäßig zu Verlusten von Gelegen und Jungvögeln kommt. Zudem können veränderte Wassertemperaturen und Strömungsverhältnisse das zeitliche Auftreten von Nahrungsfischen im Umfeld der Brutkolonien beeinflussen.
In Nachbarschaft der Brandseeschwalben-Kolonie auf Neuwerk wird die geplante Schlickverklappung aus der Elbvertiefung die Reproduktionsrate des Vogels leider weiter negativ beeinträchtigen. pr
Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur, Telefon 04102/326 56, www.jordsand.de