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Tischler brauchen ein Gefühl für gestalterische Fragen. Der Job ist körperlich anstrengend, bietet aber gute Karriereoptionen

Mit Leidenschaft für Holz

Die angehende Tischlerin Marly Konefka absolviert ihre Ausbildung in Teilzeit. FOTO: CATHERINE WAIBEL / DPA

Mit fünf Jahren hatte sie zum ersten Mal eine Bohrmaschine in der Hand. Und die größte Freude hatte sie als Kind, wenn sie mit ihren Eltern ein Regal zusammenbauen durfte. Dass Marly Konefka dabei ist, Tischlerin zu werden, überrascht nicht. Die 37-Jährige hat allerdings nicht den direkten Weg ins Handwerk eingeschlagen. Mit 17 wurde sie schwanger, nach der Geburt ihres Kindes entschied sie sich zunächst für eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten. „Ich wollte mich damals einfach absichern. Als Alleinerziehende habe ich immer in Teilzeit gearbeitet, da schien das eine gute Option zu sein.“

Den Ausschlag zum Karrierewechsel gab vor einigen Jahren nicht zuletzt der Umzug in eine neue Wohnung – mit vielen Baustellen. „Ich habe zum Beispiel selbst eine Vollholzküche eingebaut“, erzählt Konefka. „Und sie steht immer noch.“ In einem Praktikum machte sie schließlich jemand auf das Angebot des Bildungsanbieters GFBM (Gemeinnützige Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen) in Berlin aufmerksam. Hier absolviert Marly Konefka eine zweieinhalbjährige Umschulung zur Tischlerin in Teilzeit. Am Ende steht der gleiche Abschluss und die gleiche Prüfung, wie sie auch Absolventen der dreijährigen dualen Ausbildung machen.

Ein typischer Arbeitstag für Marly Konefka beginnt um 7 Uhr in der Werkstatt der GFBM. Bis 14 Uhr arbeiten die Teilzeit-Schülerinnen und Schüler an verschiedenen Projekten aus den aktuellen Lehr-Modulen. Am Anfang lernen sie die Grundlagen der Holzver- und -bearbeitung. „Da geht es zum Beispiel um Schlitz- oder Zapfenverbindungen, etwa für Bilderrahmen“, so Marly Konefka. Nach den Grundlagen kommen größere Projekte wie erste Möbelstücke.

Wer sich für den Beruf interessiert, sollte vor allem eine Leidenschaft für den Werkstoff Holz mitbringen. Daneben gehören das Beherrschen der Grundrechenarten sowie ein technisches Grundverständnis zu den Voraussetzungen. „Man sollte nicht jedes Mal einen Taschenrechner zücken müssen, wenn man auf der Baustelle etwa die Grundfläche eines Raumes berechnen muss“, sagt Arne Bretschneider, Abteilungsleiter Berufsbildung und Technik bei Tischler Schreiner Deutschland, dem Berufsinnungsverband für Tischler, Drechsler und Baufertigteilmonteure.

Marly Konefka fasziniert an ihrer Arbeit vor allem das Element der Überraschung. „Jedes Holz fasst sich anders an, jedes Holz verhält sich beim Verarbeiten anders.“ Außerdem kann sie einem produktiven Job nachgehen, wie sie sagt. „Ich mag die Möglichkeit, dass man etwa aus einem gefundenen Stück Holz einen Gebrauchsgegenstand herstellen kann – an dem sich dann ein anderer Mensch erfreuen kann.“ Arne Bretschneider ergänzt: „Ganz wesentlich ist der gestalterische Teil der Arbeit.“ Tischler, so Bretschneider, berieten Kunden schließlich auch in Designfragen, damit ein Produkt gut in den Wohnraum oder das Büro passe.

Nicht unterschätzen sollte man die körperliche Seite der Arbeit. „Es ist anstrengend“, sagt Marly Konefka. „Wie kaputt ich bin, merke ich aber meist erst nach Feierabend in der Bahn.“ Tischler sind unter Umständen auch in einem Rohbau im Einsatz – da ist es im Winter kalt, im Sommer heiß. Natürlich erledigen Tischler oder Schreiner nicht alles mit purer Körperkraft. Aber auch der Umgang mit den Maschinen will gelernt sein. „Wir machen während der Ausbildung verschiedene Maschinenscheine, damit sicheres Arbeiten im Maschinenraum gewährleistet ist“, erklärt Marly Konefka.

Technisch verändert sich einiges in der Branche. Zeichnungen fertigen Schreiner zunehmend am Computer, und auch der Einsatz von Maschinen nimmt zu, so Bretschneider. „Da gibt es aber durchaus regionale Unterschiede. Und längst nicht jede Tischlerei ist mit einem computergestützten Bearbeitungszentrum ausgestattet.“ Azubis können sich aber entscheiden, ob sie eher in einem modern oder traditionell ausgerichteten Betrieb arbeiten möchten.

Die Vergütung liegt nach Angaben des Verbands Tischler Schreiner Deutschland im ersten Lehrjahr bei durchschnittlich 604 Euro brutto im Monat, im zweiten Jahr bei 726 Euro, im dritten sind es 852 Euro. Nach der Ausbildung können Gesellen einen Meister anschließen oder ihre Fachqualifikation als Einstieg in ein Studium nutzen, etwa im Bereich Innenarchitektur oder Holztechnik. Arne Bretschneider: „Mit guten Leistungen und der richtigen Einstellung kann jeder im Handwerk Karriere machen.“ Amelie Breitenhuber
 

Job-Info

Ausbildungsdauer: 3 Jahre (Verkürzung möglich)
Voraussetzungen: Kein Abschluss vorgeschrieben. Am wichtigsten ist handwerkliches Geschick
Ausbildungsentgelt: Je nach Betrieb und Lehrjahr zwischen 565 und 850 Euro
Weiterbildungsmöglichkeiten: Meister, Studium
Weitere Infos: hwk-hamburg.de


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