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Abschied

Trauer am Arbeitsplatz

„Business as usual“ – nach einem Trauerfall ist das oft erst einmal nicht möglich

Wenn nichts mehr geht: Trauernde Mitarbeiter können oft nicht die gewohnte Leistung abrufen. Hier sind Lösungen gefragt. Foto: fotolia - auremar
Wenn nichts mehr geht: Trauernde Mitarbeiter können oft nicht die gewohnte Leistung abrufen. Hier sind Lösungen gefragt. Foto: fotolia - auremar
Eine Kollegin verliert ihr ungeborenes Kind. Ein Mitarbeiter kommt bei einem Autounfall ums Leben. Ein Kollege hat gerade die Diagnose bekommen, dass er an einer tödlichen Krankheit leidet… Trauer bricht oft völlig unerwartet in das Leben ein – auch in den Arbeitsalltag. Der unmittelbare Kontakt mit Tod und Sterben stürzt Betroffene häufig in eine emotionale Ausnahmesituation, die ganz unterschiedlich ge- und erlebt wird. Sie ist nicht berechenbar und zeitlich nicht eingegrenzt. Trauer ist zudem eine sehr private Angelegenheit. Gerade deswegen ist Trauer am Arbeitsplatz für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Denn Arbeitsabläufe und Teams sind auf voll leistungsfähige Mitarbeiter ausgerichtet. Hinzu kommt, dass es vielen Menschen schon im privaten Bereich schwerfällt, mit Trauernden umzugehen. Wie soll es da erst im Arbeitsalltag gehen? „Viele Unternehmen stellen sich die Frage nach dem Umgang mit trauernden Kollegen und danach, wie man die Rückkehr eines trauernden Mitarbeitenden an den Arbeitsplatz gestalten kann“, weiß Annika Schlichting. Die Mitarbeiterin der Hamburger Beratungsstelle Charon betreut den Arbeitsschwerpunkt „Trauer am Arbeitsplatz”. Eine einfache Antwort auf diese Fragen gibt es nicht. „Der Umgang mit einem Trauerfall ist von Unternehmen zu Unternehmen und von Team zu Team ganz unterschiedlich“, erklärt Schlichting.

Ganz verschieden sind auch die Strategien der Betroffenen: Die einen suchen die vertraute Arbeitsroutine, die ihnen in einem aus den Fugen geratenen Leben ein stabiles Gerüst bietet. Andere haben auch am Arbeitsplatz das Bedürfnis, erst einmal einen Gang herunterzuschalten. Zwar sind auch viele Führungskräfte generell unsicher, wie sie auf trauernde Menschen zugehen sollen. „Herausfinden, was der richtige Weg ist, kann man aber nur im Gespräch – am besten bereits vor dem ersten Arbeitstag“, so Schlichting. In einem solchen Gespräch, das weder unter Zeitdruck noch zwischen Tür und Angel stattfinden sollte, kann geklärt werden, welche Bedürfnisse der Mitarbeiter hat und wie diese mit den Anforderungen am Arbeitsplatz überein gebracht werden können. Im Anschluss kann dann unternehmensintern auch das Kollegium besser auf die bevorstehende Situation vorbereitet werden. Geschieht dies nicht, ziehen sich viele Menschen aus Angst, „etwas falsch zu machen“ lieber von der trauernden Person zurück. Die Folge ist dann eine Isolation, die es nur noch schwerer macht, die Betroffenen wieder in den Arbeitsalltag zu integrieren.

Trauer aushalten und Unterstützung signalisieren

Zuzuhören, die Gefühle des Gegenübers auszuhalten und selbst authentisch zu bleiben sind die großen Herausforderungen im Umgang mit trauernden Menschen. Kollegen, die nicht gleich ein Gespräch suchen möchten, können auch mit kleinen Gesten, etwa einem Blumenstrauß am Arbeitsplatz, ihre Unterstützung signalisieren. Wichtig sei es aber auch zu akzeptieren, dass Trauer individuell ist und die eigenen Bedürfnisse nicht übertragbar sind. Gerade bei großem Arbeitsdruck im Team kann das Mitgefühl zudem „kippen“, wenn die Ansicht vertreten wird, die Trauer müsse nun doch mal ein Ende haben. Hier gilt es, die Stimmung sofort anzusprechen, zum Beispiel, um alternative Lösungen für die Arbeitsverteilung zu finden, denn klar ist: Eine Obergrenze für Trauerzeiten gibt es nicht. Zu diesen und anderen Fragen rund um Trauer am Arbeitsplatz bietet Charon Seminare, Infoveranstaltungen und Fachberatungen an.

Ein Kollege stirbt – ein Team trauert

Eine besondere Situation ist es, wenn ein Kollege stirbt. Ein solches Ereignis macht ein gesamtes Team zu trauernden Betroffenen. Bei Suizid kommt oft die Frage nach der eigenen „Schuld“ hinzu. Neben organisatorischen Fragen wie denen nach Kondolenzkarte und Traueranzeige von Seiten des Unternehmens sind in einem solchen Fall klare Informationswege und Angebote zur Verarbeitung des Geschehenen gefragt. „Welche Informationen weitergegeben werden, sollte sich in erster Linie an den Wünschen der Angehörigen orientieren“, sagt Schlichting. Wichtig ist es zudem, für die Mitteilung Zeit einzuplanen und einen ruhigen Rahmen zu finden. Abhängig von der konkreten Situation kann es auch sinnvoll sein, einen früheren Feierabend anzubieten.

Mit der Mitteilung der Nachricht allein ist es zudem nicht getan. Schlichting rät Unternehmensführungen zum Beispiel, Mitarbeitergespräche, Sozialberatung oder externe Beratung anzubieten. Hilfreich kann es auch sein, eine unternehmensinterne Trauer- oder Gedenkfeier anzubieten, um dem gemeinsamen Abschied Raum zu geben. ivo

Arbeitsschwerpunkt „Trauer am Arbeitsplatz” der Hamburger Beratungsstelle Charon: www.hamburger-gesundheitshilfe.de/beratungsstelle-charon.html

Wenn Arbeit nicht leistbar ist

Nach einem Todesfall haben viele Menschen das Bedürfnis, sich erst einmal zurückzuziehen. Zudem stehen für direkte Angehörige zahlreiche organisatorische Entscheidungen und Aufgaben an. Beides braucht Zeit. Was freie Tage nach dem Tod eines nahestehenden Menschen betrifft, hat zunächst einmal jeder Arbeitnehmer nach BGB, § 616 das Recht, Sonderurlaub zu beantragen. „Natürlich ist auch ein Todesfall eines nahen Verwandten ein Grund für Sonderurlaub. Wie lange der dann gewährt wird, ist aber eine Frage des geltenden Tarifvertrages und der Absprache mit dem jeweiligen Arbeitgeber“, erklärt Felix Hoffmann, Sprecher des DGB Hamburg. Betroffene Arbeitnehmer sollten sich daher bei der Personalabteilung oder dem Betriebsrat erkundigen, ob es tarifliche oder betriebliche Regelungen für Sonderurlaubstage bei einem familiären Todesfall gibt.

Auch wenn die genehmigten Tage nicht ausreichen, sollten Betroffene das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und die Möglichkeit besprechen, ob kurzfristig reguläre Urlaubstage beantragt werden können oder eine unbezahlte Freistellung möglich ist.

Ein anderer Fall ist es, wenn Betroffene aufgrund eines Todesfalls in der Familie körperlich und psychisch so sehr eingeschränkt sind, dass sie sich arbeitsunfähig fühlen. Dann ist der Hausarzt der richtige Ansprechpartner. Dieser entscheidet, ob eine Krankschreibung notwendig ist.
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