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Abschied

Zeitgemäße Grabstätten

Der Bundesverband Deutscher Steinmetze präsentiert moderne, individuelle und naturnahe Grabanlagen, die nicht von Angehörigen gepflegt werden müssen

Hier wurden die Urnenkreise innerhalb geschwungener Wege platziert. Das Konzept lässt sich an unterschiedliche Freiflächen anpassen, ohne monoton zu wirken.
Hier wurden die Urnenkreise innerhalb geschwungener Wege platziert. Das Konzept lässt sich an unterschiedliche Freiflächen anpassen, ohne monoton zu wirken.
In unserer heutigen, von Mobilität geprägten Gesellschaft ist ein Wechsel des Wohnorts Normalität. Menschen ziehen häufiger um als früher, Familienangehörige und Verwandte leben übers ganze Land verteilt. Dieser Wandel hat auch auf den Umgang mit Grabstätten Auswirkungen: Vielen Menschen ist es aufgrund großer räumlicher Entfernungen kaum möglich, die Gräber verstorbener Angehöriger zu besuchen oder gar zu pflegen. Die Folge: Es gibt immer mehr uniform gestaltete und anonym anmutende Grabstätten – Grabstätten, die keiner besonderen Pflege bedürfen. Doch wenn die Trauernden dann merken, dass dort kein individuelles Gedenken möglich ist und sie keine Blumen und andere Gegenstände ablegen können, kommen sie zu der Erkenntnis, dass solche Grabplätze auch keine Lösung sind. Weder machen sie zufrieden, noch tun sie der Seele gut.

„Aus dem toten Winkel treten“ – mit Wasserläufen, Skulpturen und Blumen

Der Bundesverband Deutscher Steinmetze (BIV) präsentiert einen Ausweg aus dem Dilemma: zeitgemäße Grabstätten, die die Angehörigen nicht pflegen müssen, denen sie aber dennoch einen persönlichen Charakter verleihen können. Zusammengefasst sind sie in der Broschüre „Aus dem toten Winkel treten“. Darin finden sich Grabanlagen für Urnen- und Sargbestattungen, die Steinmetzmeister aus ganz Deutschland zusammen mit Landschaftsplanern, Künstlern, Friedhofsgärtnern und -verwaltungen entwickelt und umgesetzt haben. Sie geben einen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten der Gestaltung von Ruhestätten und Friedhöfen. Dazu gehören beispielsweise gartenähnliche Bereiche mit Wasserläufen, Skulpturen, Bänken, Bäumen und Blumen, in denen Hinterbliebene verweilen können. Hier sollen sie sich wohlfühlen und Zeit zum Trauern haben. Gemein ist den Konzepten, dass Steine und andere Elemente der Grabstellen individuell nach persönlichen Wünschen gestaltet werden können.
Um die Grabpflege müssen sich die Hinterbliebenen nicht kümmern, die übernehmen Friedhofsgärtner. Auch persönliche Trauerhandlungen oder -botschaften sind möglich. So können kleine Erinnerungsstücke drapiert und Kerzen aufgestellt werden. Natürlich wird an jeden Verstorbenen mit Namen und Lebensdaten erinnert.

„Der Blick auf einen Wasserlauf und das Betrachten des emsigen Treibens im Wildblumengarten laden dazu ein, Gedanken nachzugehen und zur Ruhe zu kommen“

Anja Wiebke, Hamburger Friedhöfe – AöR, Betreiberin der Parkfriedhöfe Ohlsdorf und Öjendorf sowie der Waldfriedhöfe Volksdorf und Wohldorf

Beispiel Lübeck: Dort schlossen sich das Friedhofsamt, lokale Steinmetze und die ortsansässigen Friedhofsgärtner zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen und planten gemeinsam mit einem Landschaftsarchitekten einen „Bestattungsgarten“ auf dem Vorwerker Friedhof.

Moderne Gestaltung einer Grabstätte: Das Urnenschiff in Finkenwerder. Foto: Dorit Böhnke
Moderne Gestaltung einer Grabstätte: Das Urnenschiff in Finkenwerder. Foto: Dorit Böhnke
Auch in Hamburg gibt es zahllose Beispiele für zeitgemäße Grabstätten. Auf dem „Karkhoff“ in Finkenwerder wurde gerade kürzlich eine neue Gemeinschaftsgrabstätte eingeweiht. Das „Urnenschiff“ bietet nun Beisetzungsmöglichkeiten in Einzel- oder Paargrabstätten, wobei die Pflege der Grabstätte und die Namensnennung in den Beerdigungskosten bereits enthalten sind. Die Grabpflege übernehmen die Friedhofsmitarbeiter, und dennoch besteht ein Ort der Erinnerung, der zum Gedenken an die Verstorbenen aufgesucht werden kann. Die Kirche St. Thomas Morus in Stellingen hat ein Kolumbarium eingerichtet, die letzte Ruhestätte für Urnen. Die vier Urnenblöcke in der Kirche, zwei Blöcke sowie eine Urnenwand im Innenhof, dem sogenannten Paradiesgarten, bieten Platz für 938 Tote. Das Trauerzentrum ist täglich geöffnet und bietet Begleitung und Hilfe, wenn in Zeiten der Trauer Mitgefühl und Zeit benötigt wird.

Die in der Broschüre „Aus dem toten Winkel treten“ vorgestellten Beispiele weisen auf ein Konzept hin, das zwei wesentliche Ziele beinhaltet und vereint: Zum einen wird der Friedhof für Hinterbliebene zu einem Ort, an dem sie individuell und ohne eigenen grabpflegerischen Aufwand der Verstorbenen gedenken und trauern können. Zum anderen wird er zum öffentlichen Raum für alle – vor allem für die Menschen aus der Umgebung –, die Momente der Ruhe und des Besinnens suchen. Dass dieses Konzept dem heutigen Bedürfnis vieler Menschen entgegenkommt, können Experten bestätigen.

Die Broschüre „Aus dem toten Winkel treten“ ist bei der Geschäftsstelle des BIV (www.bivsteinmetz.de) erhältlich. Sie eignet sich für Friedhofsverwaltungen, die sich inspirieren lassen wollen, für Steinmetze, die sich Anregungen holen wollen, und nicht zuletzt für Endverbraucher, die sich mit einer persönlichen Bestattung im zeitgemäßen Gewand auseinandersetzen möchten. mh

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