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Im Interview erklärt der Fachanwalt für Erbrecht Jan Bittler, warum es wichtig sein kann, ein Testament zu machen, und wie Fehler dabei zu vermeiden sind

Damit der letzte Wille des Verstorbenen auch erfüllt wird

Foto: Rainer Sturm /pixelio.de

Herr Bittler, manche Menschen sind der Meinung, dass es für sie nicht notwendig sei, ein Testament zu verfassen. Wie sehen Sie das als Fachanwalt für Erbrecht?

Jan Bittler: Es kommt immer auf die Zusammensetzung der gesetzlichen Erben an und auf die Frage, wen Sie eigentlich bedenken wollen. Problematisch kann es etwa werden, wenn Kinder aus verschiedenen Ehen miteinander erben oder wenn die Einmischung von Schwiegerkindern droht. Hier ist in der Erbengemeinschaft leider oft Streit vorprogrammiert. Ist dann ein Haus im Nachlass, kann dies schnell in einer Versteigerung enden. Selbst wenn alle direkten Verwandten bereits verstorben sind, erben gegebenenfalls Personen, an die Sie zuvor nie gedacht haben. Viele Erblasser entscheiden sich, einen Teil ihres Vermögens einer gemeinnützigen Organisation oder Stiftung für einen guten Zweck zu vermachen. Auch das muss testamentarisch festgelegt werden.
       

Rechtsanwalt Jan Bittler ist Geschäftsführer der DVEV Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge, die sich zum Ziel gesetzt hat, Juristen, Steuerberater sowie verwandte Experten in Fragen des Erbrechts und der Vermögensnachfolge umfassend zu unterstützen und die Öffentlichkeit über das Thema zu informieren. www.erbrecht.de
Rechtsanwalt Jan Bittler ist Geschäftsführer der DVEV Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge, die sich zum Ziel gesetzt hat, Juristen, Steuerberater sowie verwandte Experten in Fragen des Erbrechts und der Vermögensnachfolge umfassend zu unterstützen und die Öffentlichkeit über das Thema zu informieren. www.erbrecht.de

Welche Fehler gilt es bei der Erstellung eines Testaments zu vermeiden?

Bittler: Problematisch kann es werden, wenn Testamente erst im hohen Alter erstellt werden. Dies führt schnell zum Streit über die Frage, ob eine Testierfähigkeit noch vorlag oder nicht. Schwierig ist es immer, wenn bei einer bereits beginnenden Demenz oder während einer sonstigen neurologischen Erkrankung ein Testament erstellt wird. Hier ist es ratsam, die Testierfähigkeit von einem Neurologen überprüfen zu lassen. Kritisch sind auch Testamente mit unklaren juristischen Formulierungen. Große Probleme bereitet es, wenn in einem Testament lediglich der Nachlass verteilt wird, ohne dabei auch ausdrücklich einen oder mehrere Erben zu bestimmen. Denn während ein Erbe den gesamten Nachlass erbt und auch in einem Erbschein steht, taucht ein Vermächtnisnehmer in einem Erbschein nicht auf und hat auch nicht die gleichen Rechte wie ein Erbe.

Darf man seine Erbinnen und Erben frei bestimmen oder gibt es hier Einschränkungen?

Bittler: Grundsätzlich steht Ihnen Ihr letzter Wille frei. Vorsicht ist aber geboten, wenn bereits zusammen mit einem Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament erstellt worden ist. Es kann sein, dass verbindlich geregelt ist, wer Erbe des Längstlebenden wird. Je nach Formulierung des Testaments kann dann kein neues Testament mehr abgefasst werden. Der länger lebende Ehegatte ist an die gemeinsame testamentarische Verfügung gebunden.

Wie kann ich sicherstellen, dass die Regelungen in meinem Testament auch befolgt werden?

Jan Bittler: Hier kommt es auf eine präzise juristische Formulierung an. Leider lese ich oft, dass Anordnungen als Wünsche formuliert sind, wie z.B. „Mein Erbe soll mein Haustier und mein Grab pflegen.“ Eine solche Formulierung ist juristisch nicht verbindlich. Es muss letztlich eine Person geben, die die Erfüllung von Anordnungen auch kontrolliert. Hier sieht das Gesetz die Rolle des Testamentsvollstreckers vor, der quasi als Ihr verlängerter Arm dann auch Sanktionen einleiten könnte. Dies kann, je nach Formulierung, auch so weit gehen, dass der Erbe sein Erbe wieder verliert, wenn er sich nicht an die Anordnungen des Verstorbenen hält.

Was halten Sie davon, Vermögen bereits zu Lebzeiten zu verschenken?

Bittler: An erster Stelle muss die Altersvorsorge des Erblassers stehen. Schenkt man etwas zu Lebzeiten her, ist Folgendes zu beachten: Es muss eindeutig juristisch geregelt werden, ob die Schenkung im Erbfall verrechnet werden soll. Also beispielsweise, ob andere Kinder, die keine Schenkung erhalten haben, hierfür einen Ausgleich bekommen oder nicht. Auch sollte sich der Schenker für diese Fälle eine Rückforderung vorbehalten, beispielsweise, wenn der Beschenkte vor ihm verstirbt, sich scheiden lässt oder insolvent wird. Ansonsten gerät eine Immobilie leicht in falsche Hände. Unter Umständen kann es auch ratsam sein, sich bei dem Verschenken von Immobilien einen Nießbrauch oder ein Wohnrecht vorzubehalten.

Wer unsicher ist, kann sich den Rat von Experten einholen. Erste Informationen finden sich unter www.erbrecht.de im Internet. Die Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“ – mein-erbe-tut-gutes.de – unterstützt, wenn man einen Teil seines Erbes für einen guten Zweck einsetzen möchte.

Wie lautet Ihre Empfehlung, um Streit unter den Erben zu vermeiden?

Bittler: Letztlich führt an der Erstellung eines Testaments kein Weg vorbei, wenn Sie einzelne Dinge des Nachlasses vermachen möchten, andere Personen als ihre gesetzlichen Erben berücksichtigen und beispielsweise auch gemeinnützige Organisationen bedenken wollen. Ich erinnere mich hier an einen Fall, in dem eine wohlhabende Dame in ihrem Testament eine Stiftung zum Erben machen wollte. Durch juristische Fehler in der Formulierung des Testaments kamen dann allerdings leider die gesetzlichen Erben zum Zug und der letzte Wille der Frau konnte so nicht erfüllt werden. Ich möchte damit sagen, dass das richtige Verfassen des eigenen Testaments unglaublich wichtig ist. Mein Rat: Kümmern Sie sich am besten frühzeitig um Ihre Nachlassplanung. mh

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