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Themenwelten Bergedorf
Sylvia Lenz (50) ist seit ihrer Geburt blind. Im Oktober letzten Jahres ist sie von Koblenz nach Hamburg gezogen. Im folgenden Bericht schildert sie, was sie bislang in Hamburg erlebt hat und was sie sich für die Zukunft wünscht

Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg und das Buch „Ich bin blind! Na und?“

Die Neu-Hamburgerin und Buchautorin Sylvia Lenz engagiert sich beim Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg im Arbeitskreis Umwelt und Verkehr. Foto: privat

Gebürtig bin ich aus Rheinland-Pfalz. Ich wuchs in einem kleinen Dorf nahe der luxemburgischen Grenze zusammen mit einer älteren Schwester und einem jüngeren Bruder bei meinen Eltern auf. Mit sechs kam ich in die Blinden- und Sehbehindertenschule Neuwied und danach in die Deutsche Blindenstudienanstalt Marburg, wo ich mein Fachabitur im Bereich Sozialwesen absolvierte. In Mainz studierte ich Praktische Theologie und schloss mit dem Abschluss Diplom-Religionspädagogin ab. (Leider stellte mich das Bistum Trier nach meinem Studium nicht ein, da dessen Mitarbeiter*innen der Ansicht waren, als blinde Frau könne ich den Beruf der Gemeindereferentin wegen der vielen Hürden nicht ergreifen.) Zudem habe ich eine Ausbildung zur Call-Center-Agentin absolviert und mich als Masseurin und Medizinische Bademeisterin versucht.

In Hamburg lebe ich seit Oktober 2020. Während des Lockdowns umzuziehen war nicht einfach. Ich hatte das große Glück, über eine Baugenossenschaft eine Zweizimmerwohnung in Hamm zu bekommen, obwohl ich kein Mitglied bei denen war. Die Wohnung hatte ich mir mit einem sehenden Bekannten angeschaut. Wenn ich auf der Straße oder auf dem Weg zu Geschäften, zur Post oder zur Apotheke unterwegs bin, empfinde ich die Menschen in Hamm als sehr freundlich. Ich werde häufig angesprochen und das Orientierungs- und Mobilitätstraining mit dem Weißen Langstock hilft mir, die Wege zu erlernen, die ich benötige. Ärger hatte ich jedoch zu Beginn meiner Zeit in Hamburg, als ich die mir zustehenden Gelder bei der Stadt Hamburg beantragte. Die Sachbearbeiterin in der Behörde war nicht hilfsbereit und erst mit Hilfe eines Anwalts bekam ich nach einigen Monaten mein Geld nachgezahlt. Dies hat mich viel Kraft und Anstrengung gekostet.

Ein Hörbuch zum Mutmachen

Inzwischen habe ich mir neue Hobbies zugelegt beziehungsweise alte wieder aufgefrischt. So plane ich, mein erstes Buch „Glaube, Gaumenfreuden und Musik – Ich bin blind! Na und?“ als Hörbuch zu veröffentlichen. Damit möchte ich Menschen in schwierigen Lebenssituationen Mut machen und ihr Selbstvertrauen stärken. Zugleich ist das Buch ein Plädoyer für mehr Offenheit, Toleranz und Menschlichkeit. Ein weiteres Hobby ist das Radiomachen, ich produziere die Sendungen Schlagercafé und Wunschparty beim Sender Radio Trista. Des Weiteren engagiere ich mich beim Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg. Seit Februar 2021 bin ich dort Stellvertretende Leiterin des Arbeitskreises Umwelt und Verkehr. In dieser Funktion möchte ich Ampeln umrüsten lassen, damit sie mit akustischen Signalen den Verkehr regeln. Außerdem möchte ich Bus- und Bahnhaltestellen barrierefreier gestalten lassen. Hilfreich wären Bodenindikatoren, also Orientierungsstreifen, um sich mit Hilfe des Langstocks an den Bordsteinen oder auf Bahnsteigen besser zurechtzufinden. Auch möchte ich wieder in Schulen, Kitas und Einrichtungen für Erwachsene gehen, um mich und mein Projekt: „Ich bin blind! Na und?“ vorzustellen. Denn ich finde es wichtig, den Menschen mein Leben als blinde Frau nahezubringen. Vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, sollten leichter auf Menschen mit Behinderung zugehen und wissen, wie sie Hilfe anbieten können, etwa beim Überqueren einer Straße. Ferner zeige ich den Kindern und Erwachsenen die Blindenschrift oder Hilfsmittel wie die Sprachausgabe beim iPhone. Und mit Hilfe einer Dunkelbrille erfahren sie, wie es ist, nicht sehen zu können.

Grundsätzlich wünsche ich mir, dass die Menschen mich direkt ansprechen und mich nicht einfach ohne Vorwarnung berühren oder gar den Langstock hochnehmen, um mich damit über eine Straße zu ziehen. Schließlich würde es mich freuen, wenn blinde und sehbehinderte Menschen mehr Möglichkeiten hätten, beruflich Fuß zu fassen, und besser in den ersten Arbeitsmarkt inkludiert wären. Ich selbst bin zuversichtlich, schon bald wieder einen Job zu finden.

2018 hat Sylvia Lenz ihr erstes Buch: „Glaube, Gaumenfreuden und Musik – Ich bin blind! Na und?“ veröffentlicht: ISBN: 978-3-86455-1352 bzw. (E-Book) 978-3-86455-1574. In Blindenschrift gibt es das Buch ebenfalls. Weitere Infos: www.sylvialenz.de (Seite ist derzeit in Überarbeitung) csl

Veranstaltungen für Menschen mit Seheinschränkungen

Der Verlust der Sehkraft stellt Betroffene vor besondere Herausforderungen. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e. V. unterstützt Betroffene und ihre Angehörigen. Hier eine Auswahl der kommenden Veranstaltungen:

7. September, 14 Uhr, Museum der Arbeit: Höhepunkte des Museums der Arbeit. Mit Andreas Kohlschmidt
8. September, 17 Uhr, Ernst Barlach Haus: Spechte am Meisenknödel – Die Bildhauerklasse von Elisabeth Wagner. Mit Dagmar Lott-Reschke
9. September, 17 Uhr, Schloss der Bergedorfer Museumslandschaft: Hamburgs Schloss – die Wasserburg an der Bille. Mit Melanie Ucke
13. September, 14 Uhr, Pinneberg Museum: Duckomenta – die geheimnisvolle Welt der Enten. Mit Ina Duggen-Below und Jana Stoppel
14. September, 16 Uhr, Polizeimuseum Hamburg: Von Udels, Krimsches und Ganoven. Mit Inse Leiner
18. September, 15 Uhr, Internationales Maritimes Museum: Museumsschätze. Mit Ulrike Friedrichs
21. September, 16 Uhr, Museum für Hamburgische Geschichte: Kopflos in Hamburg – Seeräuber in der Hansezeit. Mit Alexandra Bode
27. September, 18.30 Uhr, Bucerius Kunst Forum: Moderne Zeiten – Industrie im Blick von Malerei & Fotografie. Mit Anja Ellenberger
28. September, 16 Uhr, Gedenkstätte Fuhlsbüttel: KoLaFu – Konzentrationslager und Polizeigefängnis Fuhlsbüttel. Mit Martin Reiter Weitere Informationen und Termine: www.bsvh.org und www.beianrufkultur.de

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