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Mensch & Medizin

Narben – Störquellen des Körpers

Neuartige multimodale Behandlung wirkt gegen hartnäckige Schmerzen

Zu den möglichen Symptomen störender Narben zählen auch Schmerzen in weit entfernt liegenden Körperregionen
Zu den möglichen Symptomen störender Narben zählen auch Schmerzen in weit entfernt liegenden Körperregionen
Narben – für viele sind es nur Erinnerungen an vergangene Missgeschicke. Und allenfalls optisch störend. Nicht so für den Lübecker Physiotherapeuten und Osteopathen Heiko Bornemann. Denn er hat herausgefunden, dass Narben Schmerzen und hartnäckige Gesundheitsprobleme verursachen können.

Jeder Mensch hat Narben. Die erste davon wird schon dem Säugling zugefügt: der Bauchnabel. Doch nicht jede Narbe macht Probleme. Während manche Hautmale ein Leben lang unauffällig bleiben, erweisen sich andere als Störsender, die den gesamten Körper durcheinanderbringen. Die Erklärung dafür liegt im Aufbau der Haut, des größten Organs des Menschen. Verletzungen, die lediglich die schützende Hülle der Oberhaut betreffen, heilen in der Regel komplikationslos aus. Gehen Schnitte jedoch tiefer, ist ein komplexes System betroffen. Denn unter der Oberhaut, in der Lederhaut, sitzt ein Netz von Nervenfasern und Blutgefäßen, Druck-, Schmerz- und Berührungsrezeptoren. In der darunterliegenden Schicht, der Unterhaut, sind die Faszien angesiedelt, elastisches Bindegewebe, die wie eine Hülle die Organe, Muskeln und Sehnen, ja sogar das Gehirn umgeben und miteinander in Verbindung stehen. Wird die Haut verletzt, tut der Körper sein Möglichstes, um die Wunde zu schließen. Doch es gelingt ihm nicht, den ursprünglichen Hautzustand wiederherzustellen. Elastisches, gut durchblutetes Gewebe wird durch faserreiches, gefäßarmes Gewebe ersetzt. Eine Narbe entsteht. Narbengewebe ist funktionell eingeschränkt, schwach durchblutet und verwächst oft mit dem Bindegewebe. Dann lässt es sich nicht mehr verschieben, sondern übt auf die gesamte Körperstatik Zug und Druck aus, so wie eine Falte oder ein Abnäher im Stoff ein ganzes Hemd schief sitzen lassen kann. Mögliche Folgen: Nerven werden bedrängt und dadurch irritiert, die Durchblutung klappt nicht, die Lymphen stauen sich. Der Blutgerinnungsfaktor Fibrinogen gerinnt zu Fibrin. Dies lässt die Faszien verkleben. Der Bewegungsspielraum von Muskeln und Sehnen wird eingeschränkt. Der Körper entwickelt intuitiv eine Schonhaltung, die den Bewegungsapparat noch weiter belastet. Zu den möglichen Symptomen, die auch weit entfernt von der störenden Narbe auftreten können, gehören Taubheitsgefühle oder überhöhte Empfindlichkeit, Sehnenentzündungen und Schmerzen, Kapselschrumpfung, Arthrose, aber auch Organstörungen.

Schmerzphänomene können noch nach Jahrzehnten auftreten

Ein Beispiel: Bauchnarben, etwa nach einem Kaiserschnitt, können zu Verstopfung und Magenbeschwerden führen, aber auch den Ischiasnerv reizen oder Kopfschmerzen machen. Narben im Rumpf- und Beinbereich sind nicht selten für Knie- oder Hüftprobleme verantwortlich. Heiko Bornemann hat beobachtet, dass Narbenschmerzen sogar das vegetative Nervensystem beeinflussen, was sich in Nervosität, Schlafstörungen oder Herz-Kreislauf-Leiden äußern kann. Und nicht zuletzt ist auch die Psyche mit in das Narbengeschehen eingebunden.

Mit der Vakuumpumpe verteilt Heiko Bornemann narbenerweichende Wirkstoffe im Gewebe Foto: privat
Mit der Vakuumpumpe verteilt Heiko Bornemann narbenerweichende Wirkstoffe im Gewebe Foto: privat
Das Ereignis, bei dem Narben erworben wurden, beispielsweise ein schwerer Unfall, stellt nicht selten eine unbewältigte seelische Belastung dar. Beeinträchtigungen durch Narben müssen laut Heiko Bornemann keineswegs unmittelbar nach der Verletzung einsetzen. Gerade junge Körper sind oft über erstaunlich lange Zeit in der Lage, die Folgen eines Traumas zu kompensieren. Doch im höheren Alter versagen die Ausgleichsmechanismen. Und so kommt es oft jahrzehntelang nach dem Trauma zu oft scheinbar unerklärlichen Schmerzphänomenen, deren Intensität nicht von der Größe der Narbe abhängt. Selbst Tattoos, Piercings oder Schönheitsoperationen können eine schmerzhafte Narbensymptomatik auslösen. Auch innere Narben, die durch Hämatome und anschließende Verklebungen entstanden waren, sind in der Lage, heftige Beschwerden herbeizuführen.

Heiko Bornemann hat für die Behandlung von Narbenschmerzen und Schmerzen durch Narben eine einzigartige Methode entwickelt: Die sorgfältige Anamnese und ein spezielles Elastografie-Ultraschallgerät helfen ihm, problematische Narben zu orten. Die Behandlung besteht in einer Unterflutung des Narbengewebes, bei der eine auf das jeweilige Narbengewebe abgestimmte Substanz zwischen Leder- und Unterhaut gespritzt wird. Anschließend wird die Substanz mithilfe von Unterdruckmassage verteilt und so den tieferen Gewebsschichten zugänglich gemacht. Eine osteopathische Anschlusstherapie, oft kombiniert mit Stoßwellen, hilft dabei, die schädliche Schonhaltung des Patienten aufzulösen. Oft sind nur wenige Termine nötig, um entscheidende Verbesserungen zu bewirken. Die Kosten betragen ca. 120 Euro pro Termin und werden noch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. nf

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