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Menschlich

Deutsche Muskelschwund-Hilfe startet Duchenne-Projekt

Lukas Schweiger ist fünf Jahre alt, als bei ihm eine Muskeldystrophie vom Typ Duchenne diagnostiziert wird

DMH-Mitarbeiterin Christiane Neemann hat selbst einen Sohn mit Duchenne-Muskeldystrophie  Foto: privat
DMH-Mitarbeiterin Christiane Neemann hat selbst einen Sohn mit Duchenne-Muskeldystrophie  Foto: privat
Zu dem Zeitpunkt war er motorisch weniger entwickelt als Gleichaltrige, zum Beispiel fiel ihm das Treppensteigen schwer. „Als wir die Diagnose erhielten, war das ein Schock. Bei uns herrschte Weltuntergangsstimmung“, erinnert sich Lukas‘ Mutter, Susanne Schweiger. Die „dunkle Zeit“ dauerte keine Woche, danach stand für die Familie fest: Der Sohn soll trotz der Erkrankung ein schönes Leben führen, zur Schule gehen und Freunde haben. Und so kam es auch. Lukas wuchs zu einem lebensfrohen Kind heran, besuchte die Regelschule, pflegte Freundschaften. Mit acht brauchte er einen Rollstuhl, mit elf konnte er gar nicht mehr laufen, drei Jahre später bekam er einen Elektro- Rollstuhl. Mittlerweile muss er nachts beatmet werden, die Ernährung wird über eine Magensonde ergänzt. Der größte Einschnitt für ihn war allerdings die räumliche Trennung von zu Hause: Mit 17 zog er um in ein Internat für Körperbehinderte. „Nach der Operation der Wirbelsäule und dem raschen Fortschreiten der Erkrankung wuchs mir die Versorgung meines Sohnes irgendwann über den Kopf. Im Nachhinein denke ich: Es war die richtige Entscheidung, diese für uns alle so schwere Trennung zu vollziehen, einerseits zu meiner Entlastung, andererseits aber auch, um die Selbstständigkeit meines Sohnes zu fördern“, sagt Susanne Schweiger.

Einer von 3500 Jungen ist betroffen

Die Muskeldystrophie vom Typ Duchenne ist eine seltene Erkrankung, die fast nur Jungen bekommen. Die Mehrzahl der betroffenen Kinder ist in den ersten Lebensjahren weitgehend unauffällig. Im Alter von drei bis sechs Jahren zeigen die meisten dann ein auffälliges Gangbild und haben Probleme beim Treppensteigen, Rennen, Hüpfen und Vom-Boden-Aufstehen. Sie zeigen sich auch nicht so ausdauernd wie andere Kinder. Diese Symptome sind auf die einsetzende Schwächung der Becken- und Oberschenkelmuskulatur zurückzuführen. Durch deren Abbau kommt es zu Gelenkkontrakturen. Die Achillessehne verkürzt sich, die Spitzfußstellung beeinträchtigt zunehmend die Gehfähigkeit. In der Zeit vom 10. bis zum 13. Lebensjahr ist es für die Mehrheit der Betroffenen so weit, dass sie einen Rollstuhl brauchen. Im weiteren Verlauf werden auch die Arme schwächer und die Wirbelsäule verbiegt sich zunehmend. Im Jugendlichenund Erwachsenenalter nehmen Atem- und Herzinsuffizienz zu. Die allermeisten der Erkrankten sterben zwischen 25 und 30 Jahren.
   
Die DMH berät umfassend und kostenlos

Um betroffenen Kindern und ihren Familien zur Seite zu stehen, hat die Deutsche Muskelschwund-Hilfe e. V. (DMH) ein Duchenne-Projekt ins Leben gerufen. „Oft trifft die Diagnose eine Familie ganz plötzlich, viele fühlen sich dann damit allein gelassen“, berichtet DMH-Mitarbeiterin Christiane Neemann. Sie hat selbst einen Sohn mit Duchenne-Muskeldystrophie und berät die Eltern zum Beispiel im Hinblick auf die Bewältigung der Diagnose, Therapien, Hilfsmittel, Leistungen der Pflegekasse und deren Beantragung. „Insbesondere bei der Bewilligung von stationären Rehabilitationen gibt es immer wieder Probleme mit den Kostenträgern“, so ihre Erfahrung.

Der heute 20-jährige Lukas Schweiger ist auf einem guten Weg. Er wird 2020 sein Abitur machen. Danach möchte er studieren und in eine eigene Wohnung mit 24-Stunden-Assistenz ziehen.

Infos:
Deutsche Muskelschwund-Hilfe e. V.
Tel. 32 32 31-0
www.muskelschwund.de
  

Deutsche Muskelschwund-Hilfe (DMH)

Die Deutsche Muskelschwund- Hilfe (DMH) ist ein gemeinnütziger Verein, der Betroffene mit seltenen und unheilbaren Muskelerkrankungen und deren Familien seit 1982 mit Rat und Tat unterstützt. Dazu gehört vor allem die individuelle Beratung zu den Themen Therapie, Fachärzte und Reha-Einrichtungen sowie Hilfsmittel und Wohnraumumbauten. Außerdem erhalten Betroffene Unterstützung bei Widerspruchsverfahren gegenüber Kostenträgern und bei der Integration auf dem Arbeitsmarkt. Und schließlich bietet der Verein Selbsthilfegruppen, eine Assistenz für Schüler sowie einen Fahrdienst an. Die Angebote sind kostenfrei, der Verein finanziert sich durch Spenden. Am 26. Oktober lädt die DMH zur Benefizveranstaltung „Nacht der Schmetterlinge“ ins Hotel Grand Elysée.
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