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Auch mal an seltene Jobs denken

Hamburg hat 2000 freie Lehrstellen, insgesamt werden 160 Berufe ausgebildet

Hufschmied ist ein harter, aber gefragter Beruf. Gute persönliche Kontakte sind jedoch für den Einstieg wichtig. FOTO: PICTURE ALLIANCE
Hufschmied ist ein harter, aber gefragter Beruf. Gute persönliche Kontakte sind jedoch für den Einstieg wichtig. FOTO: PICTURE ALLIANCE
Deike Uhtenwoldt 

Auf die Frage nach den geheimen Champions unter den Ausbildungsberufen zögert Fin Mohaupt, Leiter Aus- und Weiterbildungsberatung der Handelskammer einen Moment. „Es hilft doch niemandem, wenn wir seltene Berufe empfehlen wie Leuchtröhrenglasbläser oder Bergbautechnologe – den es in Hamburg nicht gibt!“ Wichtig ist dem Ausbildungsexperten jedoch, gegen Schubladendenken und Stereotypen anzugehen, wie überkommene Unterscheidungen zwischen Männer- und Frauenberufen oder vorschnelle Abqualifizierungen gewisser Lehrberufe.

Vor Kurzem hat sich Mohaupt selbst dabei ertappt, wie er den Beruf des Hufschmieds gedanklich in die Kategorie „aussterbend“ packte. Bis er mit einem Hufschmied sprach, der nur die Augenbrauen hochzog und trocken konterte: „Hallo, bundesweit gibt es rund 1,3 Millionen Pferde...“

In der Lehrstellenbörse der Handelskammer sucht man den Hufschmied allerdings vergeblich: „Solche Berufe werden nicht im Internet ausgeschrieben, das läuft über persönliche Kontakte“, sagt Mohaupt.

Dafür finden sich über 2000 freie Ausbildungsplätze in der Stellenbörse, verteilt auf 70 Berufe. Insgesamt werden sogar 160 Berufe in Hamburg ausgebildet, von 326 möglichen Berufen bundesweit. Für Ausbildungsberaterin Monika Stelljes ist es angesichts dieser Zahlen logisch, dass sich Jugendliche von dem Angebot erschlagen fühlen. „Die Schulabgänger wählen, was in ihren Ohren gut klingt oder ihre Freunde empfehlen.“ Mediengestalter in Digital oder Print sei ein Beispiel. „Es wird zu wenig auf die Inhalte geachtet und ob diese zu den eigenen Interessen und Fähigkeiten passen.“

Der Tipp der Beraterin: zuerst in Zukunftskategorien denken und sich dann immer weiter in konkrete Berufsbilder einarbeiten. Ein Bereich, der mit Sicherheit Zukunft habe, sei die Informatik und damit verbunden alle IT-Berufe. Angefangen von den Fachinformatikern, für die es aktuell in Hamburg 400 Ausbildungsplätze gebe, über die unbekannteren Informationselektroniker, die Hardwaresysteme wie Telefonanlagen oder Unterhaltungselektronik installieren und vernetzen, bis zu den Informatik-Kaufleuten.Es gehedabei immerumAusbildungsbereiche, in denen sich in kurzer Zeit sehr viel ändert. „Das liegt nicht jedem“, sagt Stelljes.

Einer der unbekanntesten Ausbildungsberufe in der IT ist der Mathematisch-technische Softwareentwickler. Anders als Fachinformatiker kümmern sich „Matse“ kaum um Hardware, sondern entwickeln mathematische Modelle, um Datenbanken zu programmieren oder Statistiken auszuwerten. „Dafür sollte man schon ein Physikprofil besucht und Mathematik auf hohem Niveau belegt haben“, betont Stelljes. Im Gegenzug erwartet die Bewerber eine hoch qualifizierte Ausbildung. „Die dreijährige Ausbildung ist fast identisch mit einem Bachelorstudium Informatik.“ Und noch etwas ist der Beraterin wichtig: „Mädchen können hier den Jungs locker das Wasser reichen. Sie trauen sich das nur viel zu selten zu.“

Gebäudereiniger und Hörakustiker werden stark gesucht

Ein zweiter Bereich mit viel Potenzial ist die sich ausweitende Gesundheitsbranche. Hörakustiker setzen Minicomputer in die Ohren, passen sie an, verbinden sie etwa mit dem Handy. „Das ist ein hoch spannender und vielseitiger Beruf, der nur zu wenig bekannt ist“, sagt Ute Kretschmann, Sprecherin der Handwerkskammer. Vor allem werden die Potenziale verkannt. Die Akzeptanz und Verbreitung der Hörsysteme nimmt zu, nur die Ausbildungsquote kommt nicht hinterher. Bundesweit liegt der Hörakustiker auf Platz 13 der Lehrberufe mit den größten Besetzungsproblemen.

Moderne Technik ist sowieso das Thema: Schon mal vom Behälter- und Apparatebauer gehört? Früher nannte man sie Kupferschmied, aber die Maschinen, mit denen sie heute individuelle Kessel oder stabile Behälter auf Maß schneiden, löten und beim Kunden montieren, haben sich sehr gewandelt und somit der Beruf auch. Gestalterisches Geschick und Kenntnisse der Mess- und Regeltechnik sind gefragt. Im Handwerk sei eigentlich jeder Ausbildungsberuf ein „Hidden Champion“, sagt Monika Stelljes. „Hätte ich eine handwerkliche Ausbildung absolviert, ich würde mich sofort selbstständig machen und mir meine Kunden aussuchen. Die Chancen sind unheimlich groß.“

Schließlich der Dienstleistungssektor: Vermeintlich bekannt und doch verkannt sei der Gebäudereiniger, meint Ute Kretschmann: „Es geht hier um spezialisierte Einsätze, bei denen eine hohe Fachkenntnis, etwa in Chemie, erforderlich ist.“ Sensible Bereiche im Krankenhaus oder die Fassaden der Tanzenden Türme auf St. Pauli reinigen nämlich nicht ungelernte Kräfte, sondern ausgebildete Fachleute, die Verantwortung übernehmen und schnell zum Teamleiter aufsteigen können.

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